Seit Sines ist einiges passiert. Besonders innerlich. Die Hochs und Tiefs des Fahrtenseglens kennt jeder von uns. Wer Eigner ist und nie ans Verkaufen seines geliebten Schiffes gedacht hat, der werfe nun den ersten Stein!
Hier meine persönlichen Hochs- und Tiefs, alles schöne ist Schönheiten drei und alles Leiden tausendmal schlimmer, weil du ein Schiff hast.
Ich motore zwölf Stunden von Sines aus um das Cap Sao Vincente. Mit dem letzten Büchsenlicht fällt mein Anker in einer Bucht vor Sagres. Ich liege vor einem Strand, der von hohen Feksklippen eingerahmt ist. Nur noch den Anker einfahren, dann kann ich ihn endlich abstellen. Von Sonnenau- bis Sonnenuntergang bin ich motort. In Sines starte ich im Halbdunkeln und motore durch das Ankerfeld der Berufsschiffe. Man kann dicht an ihnen vorbei solange sie ankern. Blöd ist nur, dass einer fertig ist mit ankern und losfährt! Über Funk hat er es nicht angekündigt. Vielleicht auf portugiesisch? Zum Glück braucht er noch länger um seinen Anker einzuholen als ich!
Kein Wind auf den ganzen 65 Seemeilen. Lange, lange Seemeilen die sich wie Kaugummi ziehen. Ich wünschte, ich könnte diesen Kaugummi einfach unter den Tisch kleben, zu den anderen Kaugummis, zu den ganzen langen scheiß Tagen auf See an denen du den ganzen Tag unterwegs bist und kein Stück weiter kommst. An denen es nass ist oder kalt oder langweilig oder alles auf einmal, an denen du nur Wasser siehst und du dich fragst: warum? Was soll das?
Der Ankerplatz ist traumhaft. Ich sitze noch etwas im Cockpit, lausche dem Rauschen der Wellen am Strand und den gedämpften Stimmen von Land. Alles kommt zur Ruhe. Meine Petroleumlampe riecht nach Freiheit und Abenteuer. Ich kann die ganze Nacht nicht schlafen, weil Schwell in die Bucht läuft. Zora rollt. Von rechts nach links, von links nach rechts. Die Tür klappert. Es scheppert am Heck. Ich ziehe um in den Salon. Es hilft nicht. Kurz überlege ich: wenn ich eh nicht schlafen kann, kann ich auch die 4 Stunden nach Lagos motoren? Ich kann mich nicht aufraffen. Mitten in der Nacht bin ich einfach müde.
Am nächsten Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, motore ich weiter nach Lagos. Delfine auf dem Weg dorthin. Sobald die Sonne herauskommt, ist es warm. Die Ponta da Piedade westlich von Lagos sind traumhaft schön: Felsklippen, geformt von Wind und Welle, blaues Wasser, Sonnenschein, T-Shirt Wetter. Die Marina ist hässlich, teuer und fest in britischer Hand. Es gibt Pizza Hut und Rugby Übertragungen „Japan gegen Irland“. Ich treffe Alfred und Eva. Und Thomas. Mit Ete bin ich am Strand verabredet. Ich muss endlich die Gasflasche füllen. Ein Auto mieten. Vorallem muss ich endlich mal runterkommen. Jahrelang war es mein Traum der Sonne hinterher zu segeln, die Küste runter nach Portugal, dann Kanaren, vielleicht Karibik und zurück? Jetzt bin ich hier. Der Traum ist wahr. Jahrelang habe ich darauf hin gearbeitet diesen Traum zu realisieren ohne zu merken, dass sich mein Leben, meine Umstände und meine Interessen geändert haben. Mein Traum passt nicht mehr zu meinen Interessen.
Was nun? Ich will verkaufen.
Rückblickend gab es schon erste Anzeichen in Holland, die ich ignoriert habe. Das Projekt „ein Jahr segeln“ war zu weit fortgeschritten um es zu stoppen oder auch nur zu hinterfragen. Dann saß ich in Camaret ewig fest, in Bayona hätte ich eigentlich dringend eine längere Pause gebraucht, dann in Porto, und so weiter. Sines hat mir den Rest gegeben! Was habe ich mich (und alle Segler) gefreut über die tollen Duschen in dem günstigen Hafen. Ich saß drei Tage fest an einem Ort an dem ich freiwillig keine drei Stunden geblieben wäre. Ich habe nicht ein Jahr frei genommen – und auf ein Jahresgehalt verzichtet – um toll zu duschen.
Ich verkaufe also!
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